Was Outdoor Erste Hilfe mit Theater zu tun hat und 3 Erkenntnisse aus meinem Outdoor Erste Hilfe-Kurs

Was Outdoor Erste Hilfe mit Theater zu tun hat und 3 Erkenntnisse aus meinem Outdoor Erste Hilfe-Kurs

Weil wir unsicher sind und befürchten, etwas falsch zu machen, machen wir in Notfällen oftmals gar nichts. Sind ausserdem viele Menschen um uns herum, denken wir „da ist doch sicher ein Arzt oder Sanitäter dabei, jemand der besser helfen kann als ich“. Am Berg ist das anders. Da sind wir in der Regel auf uns selbst gestellt. Und damit als Ersthelfer noch entscheidender als in der Stadt, wo die Sanitäter spätestens 8 Minuten nach dem Notruf eintreffen.

Zum Glück erleben wir Notfälle nicht häufig genug um darin routiniert zu sein.

Glücklicherweise erleben wir Notfälle nicht oft genug um routiniert damit umzugehen. Umso wichtiger ist es, den Ernstfall zu üben. Und dass unter so realitätsnahen Umständen wie möglich. Mit geschminkten Wunden, lauten Schreien und natürlich im Gelände. Denn es ist nicht das gleiche, eine Person auf dem ebenen Seminarraumboden in die stabile Seitenlage zu bringen wie im unebenen Gelände – selbst wenn sie nur so tut als sei sie verletzt. Daher trifft es „Natur-Schauspiel“ sehr gut.

Um Erste Hilfe Massnahmen zu verinnerlichen, kommen wir nicht umhin, es selber auszuprobieren

Beim Outdoor Erste Hilfe Kurs habe ich gemeinsam mit 12 Guide Kollegen zwei Tage lang Notfälle im Gelände nachgespielt. Leitlinie war immer der Erste Hilfe Algorithmus, anhand dessen wir entschieden haben, was in der jeweiligen Situation zu tun ist.

Die Erkenntnisse, die ich in Schriftform vermitteln kann, möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten. Erklären könnte ich sicherlich noch einiges mehr – um es zu verinnerlichen, kommen wir meiner Meinung nach aber nicht umhin, es selber auszuprobieren.

 

Erkenntnis 1: Wir können im Notfall IMMER helfen

Egal wie hilflos wir uns in einer Notfallsituation fühlen – wir können IMMER etwas tun: Zumindest einen Notruf absetzen und den Verletzten betreuen.

Das klingt lapidar. Ist es aber nicht. Denn in einer Stresssituation kann es sein, dass wir das Nächstliegende vergessen.

Solange wir auf Hilfe warten, können wir den Verletzten erstversorgen, uns neben ihn knien und auf Augenhöhe mit ihm reden, ihn berühren. Zu spüren, dass sich jemand um mich als Verletzten kümmert, spendet Trost. Und es ist erwiesen, dass Menschen, die eine gute Erstversorgung hatten – und dazu gehört das Betreuen, siehe Algorithmus – schneller und besser genesen. 

"Nur Ersthelfer können in den 3 lebensbedrohlichen Situationen - stark blutende Wunde, bewusstlos mit Atmung und bewusstlos ohne Atmung - tatsächlich Leben retten. Vor allem am Berg. Bis die Bergwacht kommt kann der Verletzte verblutet sein - ohne Druckverband. Oder erstickt sein - ohne stabile Seitenlage. Oder sein Kreislauf zum Erliegen gekommen sein – ohne Reanimation.

Erkenntnis 2: 10 Sekunden Nachdenken verschaffen 10 Minuten Zeit

Das erste und wichtigste, was ich in einem Notfall machen muss: mir einen Überblick verschaffen. Erst dann kann ich die Lage gesamthaft einschätzen und überlegen, was in welcher Reihenfolge zu tun ist. Das gilt, wenn ich als Guide aber auch wenn ich privat unterwegs bin. Bin ich mit einer Gruppe unterwegs, kann ich auch Teilnehmern Aufgaben geben. Zum Beispiel die Unfallstelle sichern oder den Notruf absetzen wenn wir keinen Empfang haben und dafür ein Stück zu radeln ist. Das klingt einleuchtend. Innerlich einen Schritt zurück zu treten, wenn eine Verletzter vor uns liegt und laut schreit ist gar nicht so einfach – selbst wenn es nur gespielt ist.

Erkenntnis 3: PECH muss nichts mit Unglück zu tun haben oder Coolpacks gibt es auch im Gelände

Dass der PECH-Verband nichts damit zu tun hat, dass der Verletzte Pech hatte, habt ihr sicher schon vermutet. Die Buchstaben sind eine Eselsbrücke, damit wir uns die einzelnen Schritte besser merken können.

  • Pause: Ein Stopp der Belastung für den Verunfallten. Und auch wir als Ersthelfer und sammeln uns (siehe Erkenntnis 1).

  • Eis: Die verletzte Stelle kühlen. Einen DIY-Coolpack können wir auch im Gelände machen: Einfach einen Einmalhandschuh mit Erde oder Wasser aus dem nächsten Bach oder der Trinkblase füllen, zubinden und auf die geprellte Stelle legen.

  • Compression: Mit einer Mullbinde das DIY-Coolpack an der verletzten Stelle fixieren und – wenn es für den Verletzten schmerzlindernd ist – straff binden.

  • Hochlegen: Das verletze Körperteil hochlegen

Den PECH-Verband machen wir bei Prellungen. Bitte nicht bei offenen Wunden anwenden und nicht bei Brüchen – die Kompression wäre schmerzhaft. Einen Bruch mit einem DIY Coolpack kühlen, ist selbstverständlich möglich.

Zu wissen, wie ich mich im Ernstfall verhalte, fühlt sich sehr gut an

Wir haben noch viel mehr gelernt und ausprobiert, sodass ich noch ein paar weitere Tipps und Erkenntnisse an euch weitergeben könnte – zum Beispiel wie wir mit dem, was wir im Gelände dabeihaben – langärmliges Shirt, Buff, Dreieckstuch – einen Rucksackverband für einen Schüsselbeinbruch machen können.

Wenn euch das Thema Outdoor Erste Hilfe interessiert, freue ich mich über einen kleinen Kommentar. Dann schreibe ich gerne noch einen zweiten Teil ;)

Wenn ihr häufig im Gelände unterwegs seid, kann ich einen Outdoor Erste Hilfe Kurs wärmstens empfehlen!! Dani Hornsteiner (www.danihornsteiner.de) und ihr Team – Alex und Michi – haben einen grossartigen Kurs gegeben. Die Fallbeispiele waren absolut authentisch, die Tipps und das strukturierte Feedback anhand des Erste Hilfe Algorithmus äusserst hilf- und lehrreich. Und das intensive Üben das, was uns – hoffentlich – zu souveränen Ersthelfern macht.

Natürlich hoffe ich, meine Kenntnisse im Ernstfall nicht anwenden zu müssen. Zu wissen, wie ich mich im Ernstfall verhalte, fühlt sich allerdings sehr gut an. Auf eine unfallfreie Saison!!

Konntet ihr schon einmal in einer Notsituation helfen? Oder wart ihr selber betroffen? Wie hat es sich angefühlt?

Anmerkung: Das ist kein gesponserter Post. Den Outdoor Erste Hilfe Kurs habe ich selber bezahlt. Für die Veröffentlichung erhalte ich keine Vergütung. Ich teile meine Erkenntnisse mit euch, weil mir die Erste Hilfe am Berg am Herzen liegt und ich mit diesem Blogpost zumindest einen kleinen Beitrag leisten kann.

Ein grosses Dankeschön an Michi Hacker, der mir freundlicherweise Bilder zur Verfügung gestellt hat. Ich habe zwar auch Bilder gemacht -  manchmal habe ich allerdings so konzentriert zugehört und zugeschaut, dass ich es einfach vergessen habe ;)

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