Mein erstes Enduro-Rennen – 7 Learnings

Mein erstes Enduro-Rennen – 7 Learnings

Dass Michael und ich Ende Juni unser erstes Enduro Rennen gefahren sind, ist eine Spätfolge unseres Azoren-Urlaubs: Beim After-Bike-Bier und während der längeren Auffahrten auf Sao Miguel und Santa Maria haben die Locals so begeistert von den Enduro Rennen auf den Inseln erzählt, dass Michael gleich recherchiert hat, welche Enduro Rennen in der Nähe von München stattfinden. Noch aus dem Urlaub hat er uns kurzerhand für das Enduro One Rennen in Aschau angemeldet. Eigentlich hätte das Rennen schon vor unserem Urlaub stattfinden sollen. Aber der ursprünglich für Anfang Mai geplante Termin musste wegen Schnee verschoben werden. Es hat also sein sollen 😊

Learning #1: Mountainbiken heilt – mich zumindest

Es gibt wenige Tage, an denen ich keine Lust auf Mountainbiken habe. Der Samstag des Rennwochenendes ist so einer. Am Morgen sitze ich schlapp, müde und mit gemischten Gefühlen im Van – ich war die ganze Woche beruflich unterwegs gewesen, mein Husten hat mich in der Nacht kaum schlafen lassen und mein Schnupfen trotzt seit 1,5 Wochen Nasenspray und Sinupret. Ausschlafen und den Tag in der kühlen Wohnung zu verbringen ist trotz des herrlichen Sommerwetters eine durchaus verlockende Vorstellung. Aber angemeldet ist angemeldet. Abbrechen kann ich immer noch, wenn es gar nicht geht.

Für das Training sind 4 der 7 Stages freigegeben. Nachdem wir Stage 5 und 2 gefahren sind – Training kann man einmal runterfahren nicht nennen – bin ich so erschöpft, dass Michael und ich zurück zum Fahrerlager rollen und ich mich in das Vanbett lege. Zum Prologstart um 15:30 habe gerade wieder so viel Kraft sammeln können, dass ich die wenigen Höhenmeter zu Stage 5 hinauf pedalieren kann. Nach der Dusche bin ich wieder so platt, dass ich Michael bitte, alleine das Abendessen vorzubereiten. Zum Essen reicht meine Kraft grad noch so. Um 21:00 liege ich im Bett und schlafe sofort ein. Am nächsten Morgen wache ich auf – die Nase ist frei, der Husten verschwunden und meine Bike-Lust ist zurück. Jippie! Ich werte das als Zeichen dafür, dass Mountainbiken heilt – mich zumindest 😉

Learning #2: Die Rennatmosphäre schüchtert mich ein

Am liebsten würde ich nach den zwei Trainingsstages liegen bleiben und den Prolog ausfallen lassen. Meine Neugier auf die Rennatmosphäre und das Wissen, dass ich zu Stage 5 nur wenige Höhenmeter hinauf pedalieren muss, hat mich dann doch dazu gebracht, an den Start zu gehen. Schließlich gibt mir die Prolog-Stage einen Vorgeschmack auf das, was mich am nächsten Tag erwartet. Außerdem entscheidet meine Zeit, in welchem Block ich beim eigentlichen Rennen starte. Dass mich die Rennatmosphäre einschüchtert, hatte ich nicht erwartet. Ich bin ja nur zum Spaß hier. Aber sie macht mich nervös. Mein mädchenhaftes Kichern im Gespräch mit anderen Starterinnen vor dem Einstieg zur Prologstage verrät mich.

Learning #3: Lächeln hilft

Ich erinnere mich an einen Mental-Tipp: Lächeln suggeriert dem Gehirn alles sei in Ordnung. Also setze ich vor jeder Stage mein Lächeln auf. Es wirkt: ich fahre flüssig und sturzfrei durch die Stages. Und gute Bilder gibts obendrein.

Learning #4: Ein Rennen muss schieben nicht ausschliessen

Über Freunde und durch die Gespräche mit Carlos, Rafael und Hugo auf den Azoren habe ich eine grobe Vorstellung worauf ich mich bei einem Enduro Rennen einlasse: Nämlich auf einen Mix aus Cross-Country- und Downhillrennen. Die Teilnehmer starten Gruppenweise in einen Rundkurs von etwa 40 bis 50 Kilometern beziehungsweise 3 bis 4 Stunden Fahrzeit. Auf bestimmten, ausgeschilderten Streckenabschnitten – hauptsächlich bergab – wird die Zeit gemessen. Das sind die sogenannten Stages. Die Verbindungsetappen zwischen den einzelnen Stages müssen aus eigener Kraft erstrampelt werden. Es gewinnt der Fahrer, der am Ende die geringste Gesamtzeit aller gemessenen Stages hat.

Auf den Bergauf-Passagen – die in Aschau zugegeben teilweise sehr steil und bei 32 Grad doppelt anstrengend sind – schieben viele Fahrer. Auch wenn es bei einem Enduro Rennen aufs Bergauf-Fahren nicht ankommt, überrascht es mich. Es kommt mir aber auch entgegen: Ich habe zwar wieder Lust auf Mountainbiken und fühle mich gut, 100% auf der Höhe bin ich gesundheitlich aber nicht. Hin und wieder gemütlich mit anderen Fahrern quatschend den Berg hinaufschieben, ist nicht nur eine sehr schonende Weise um von einer zur nächsten Stage zu gelangen. Bei mir löst es auch ein unerwartetes Gemeinschaftsgefühl aus: es fühlt sich an, als würde ich mit einer großen Gruppe Freunde und Freunden von Freunden eine Tour fahren, kein Rennen.

Learning #5: Verlasse dich nicht auf andere, wenns um Trinken und Essen geht

«Es gibt doch vor Stage 2, vor Stage 3 und vor Stage 6 Verpflegungsstationen, da würde ich nicht mit einem so schweren Rucksack fahren» rät Michael mir als ich vor dem Start meine Trinkblase auffülle. Ich weiß, dass ich mich mit gefüllter Trinkblase besser fühle und ignoriere seinen Rat. Das ist sein Glück. Als wir an der ersten Verpflegungsstation ankommen ist das Wasser aus. Ebenso die Bananen und Quetschbeutel. Nur Äpfel gibt es noch. Ich fülle Michaels Trinkflasche, wir essen ein paar Apfelschnitze und weiter geht’s.

Learning #6: Stürzen tut auch bei 33 Grad weh

Oft sind Fullfacehelm und Rückenprotektor für die Stages vorgeschrieben. Beim Enduro One ist das nicht der Fall. Am Rennwochenende hat es bis zu 33 Grad – nicht genau die Temperaturen, bei denen ich gerne Fullface-Helm und Protektoren trage. Ich könnte einfach meinen normalen Helm anziehen. Weil Stürzen auch bei 33 Grad wehtut und ich nicht vorhersagen kann, ob mich die Rennatmosphäre trotz aller Vorsätze nicht doch übermütig werden lässt, bin ich vernünftig und fahre die Stages mit Fullface Helm. In weiser Voraussicht habe ich mir einen Helm mit abnehmbarem Kinnschutz besorgt, sodass ich zumindest bergauf etwas Luft ums Kinn habe.

Learning #7: Man kann sich auch auf Platz 17 wie eine Siegerin fühlen

Denn ich habe meine eigene Angst besiegt. Meine Angst vor hoher Geschwindigkeit, davor mich von der Rennatmosphäre mitreißen zu lassen und meinen Fähigkeiten davon zu fahren. Mit meiner Gesamtzeit bin ich in der Kategorie Women auf Platz 17 von 31 Frauen gefahren. Das ist Mittelfeld und weit weg von einem Sieg. Natürlich könnte ich sagen, dass ich noch nicht an die Grenzen gegangen bin. Aber mir ging es darum, positive Erfahrungen zu sammeln, Spaß zu haben, flüssig durch die Stages zu kommen und unverletzt im Ziel anzukommen. Das ist mir gelungen: Ich habe sturz- und pannenfrei alle 7 Stages gefinished und keinen Hitzschlag bekommen und die Auswertung am Ende zeigt, dass ich mich von Stage zu Stage verbessert und Plätze wett gemacht habe. Nach Stage 1 lag ich in der Gesamtwertung auf Platz 325, nach der letzten Stage auf Platz 305. Für mich sind das genug Gründe, mich nach meinem allerersten Enduro Rennen wie eine Siegerin zu fühlen.

Ich bin und bleibe Genußbikerin. Mir geht es beim Mountainbiken um das Erlebnis – nicht um Höhenmeter, Kilometer oder Sekunden. Gleichzeitig probiere ich gerne Neues aus – so wie letztes Jahr meinen Halbmarathon. Diese Neugier auf Neues hat dazu geführt, dass ich das Enduro Rennen gefahren bin. Und für diese neuen Erfahrungen bin ich sehr dankbar. Wer jetzt Lust auf ein Enduro Rennen bekommen hat, dem kann ich nur sagen: Mach es! Probiere es aus!


Bist du schonmal ein Enduro-Rennen mitgefahren? Wie hast du es erlebt?


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